.: Der Landgänger :.


Sil-Nylon sauber mit Elastosil kleben

Keine besondere Wissenschaft!



Silikonisiertes Nylon, kurz: Sil-Nylon, ist ein modernes Gewebe mit Eigenschaften, die es für die MYOG-Gemeinde im Outdoorbereich interessant macht. Vom Packbeutel bis zum Zelt wird inzwischen alles Mögliche daraus genäht.

Doch beim Nähen entdeckt man schnell auch einige Nachteile: Der Stoff ist sehr rutschig, was insbesondere Nähanfängern Probleme bereitet, und bei sehr dünnem Material kann es vorkommen, dass die Nadellöcher einer Naht aufgezogen werden und so für Undichtigkeiten sorgen.

Manchmal wäre also eine alternative Verarbeitungsmethode wünschenswert. Und die gibt es, sogar mit richtigem Profi-Werkstoff. Denn Silikon lässt sich ganz ausgezeichnet mit Silikonkleber verkleben. Die Klebestellen sind bei sorgfältiger Ausführung extrem fest (man zerreißt eher den umliegenden Stoff als eine Klebestelle) und dauerhaft flexibel.

Allgemeine Hinweise für Kleben mit Elastosil
Für diese Arbeiten nutze ich immer Elastosil E41 oder E43 von Wacker Chemie. Das sind echte Industriekleber (also keine entschärften Kleber für Otto-Normal-Kunde) und das ist wiederum ein Indiz für die Möglichkeit wirklich professioneller Ergebnisse.
Elastosil kann man in 100g Tuben oder größeren Gebinden kaufen. Für MYOGer sind die 100g Tuben interessant. Sie werden mit einer Auftragspitze sowie einem Drahtknebel zum optimalen Ausquetschen geliefert und sind sehr ergiebig. Ich habe den Kleber zwischen 12 und 16 €uro schon bei Ebay und Amazon und sonstwo im Internet gefunden. Einfach mal googeln.
Zufriedenstellende Ergebnisse erreicht man nur mit Silikonklebern. Baumarktsilikon oder Nahtdichter wie SilNet sind zum Kleben eher nicht geeignet. Silikonkleber klebt nur auf Silikonoberflächen richtig, denn er vernetzt sich mit diesen auf molekularer Basis. Es erfolgt quasi eine Art Verschweißung. Bei anderen Oberflächen funktioniert das nicht.

Ich trage Elastosil immer einseitig dünn, aber gleichmäßig mit einem kleinen Spachtel auf. Diese Spachtel breche ich mir aus den Deckeln alter Slim-CD-Cases. Der Außenrand ist minimal gerundet und eignet sich daher hervorragend zum Kleberauftrag.
Die Verklebung sollte gleich nach dem Auftrag des Klebers erfolgen. Hast ist dabei nicht nötig und im Sinne eines ansprechenden Arbeitsergebnisses auch nicht erwünscht. Der Kleber ist lange genug offen, so dass man die Werkstücke sorgfältig zusammenfügen kann. Bei langen Nähten klebe ich Stück für Stück in ca. 60 Zentimeter-Abschnitten. Muss man aus irgend einem Grunde eine frische Verklebung noch einmal trennen, sollte noch einmal ganz dünn Kleber aufgetragen werden.
Beim Kleben muss man aufpassen, dass man nicht kleckert und insbesondere das Werkstück mit unerwünschten Kleberflecken versieht. Also immer Zeitungspapier unterlegen und nach jedem Kleberauftrag so umfalten, dass kein freier Kleber darauf zu sehen ist. Verschmutzungen entstehen auch dadurch, dass das leichte Sil-Nylon beim Kleberauftrag angehoben wird und dann wieder auf die verschmutzte Zeitungsunterlage fällt. Bei langen Nähten ein zunehmendes Problem.
Kleber trage ich immer nur auf links auf, also der späteren Innenseite oder nicht gleich sichtbaren Seite des Werkstücks, da sich Kleberüberschüsse an der Naht einfach nicht vermeiden lassen. Beim Verarbeiten schaue ich also immer auf die linke Seite des Werkstücks.

Und einen Blick auf die Verarbeitungs- und Sicherheitshinweise auf der Tube sollte man auch mal werfen. Ein Naturheilmittel ist das Zeugs nämlich nicht.

Einfache Klebearbeiten

Patches, Flicken u.ä. lassen sich ganz einfach aufkleben:
  • Patch mit Kleber einstreichen,
  • sorgfältig und faltenfrei auf Werkstück auflegen,
  • dabei mit den Fingern aufstreichen und
  • mit einer Nahtrolle aus festem Schaum (Tapetenfachhandel) fest andrücken.
  • Die Verklebung ist dann zwar noch nicht belastbar (dafür ca. 12 Stunden aushärten lassen) aber ohne Probleme transportabel.
  • Trocken auf Nass arbeiten ich deutlich einfacher als umgekehrt. Wann immer möglich also das trockene Werkteil auf das mit Kleber versehene auflegen. Bei Patches ist die i.d.R. nicht möglich und man erkennt sofort, wie schwierig es sein kann, ein mit Kleber eingestrichenes Werkstück präzise und sauber zu platzieren.
Ich habe problemlos bereits nach ca. 30 Minuten Befestigungsschlaufen auf Verstärkungspatches nähen können.

Kurze Nähte kleben (z.B. für Packsäcke)
  • Arbeitsplatz mit alter Zeitung auslegen.
  • Stoffteil A auflegen und mit einem dünnen Permanentstift die Nahtkante anzeichnen (hier 2 cm, da 2 cm Nahtüberlappung).
  • Kleber mit Spachtel dünn und gleichmäßig auftragen.
  • Zeitung etwas hervorziehen und im Klebebereich nach oben umfalten (es sollten nun keine Kleberreste mehr darauf zu sehen sein!).
  • Stoffteil B an einem Ende von Stoffteil A beginnend auflegen und Stoffteile sorgfältig zusammenführen. Dabei Falten und Blasen vermeiden und ...
  • ... Naht mit den Fingerspitzen fest aber gefühlvoll fortlaufend zusammenstreichen (gut verklebte Flächen sind dunkler als andere) und kleine Luftblasen wegstreichen.
  • Naht sofort mit Nahtroller fest zusammendrücken.
  • Aushärten lassen, fertig.


Klebewerkzeug für lange Nähte
Bei längeren Nähten stellt man sehr schnell fest, dass eine saubere und fachgerechte Verklebung nicht einfach ist - insbesondere, wenn man allein arbeitet. Deshalb habe ich mir ein einfaches Werkzeug erdacht und gebaut. Mit ihm wird das Werkstück auf einer Arbeitsplatte fixiert und kann dann problemlos bearbeitet werden. Nun stellen auch Tarps und Außenzelte kein sonderliches Problem mehr dar.
  • Das Werkzeug komplett mit aufgelegtem Fixierrahmen ...
  • ... und nur die Grundplatte ohne Fixierrahmen. Die vier Winkel dienen der linearen Führung des Rahmens, die sechs Auflagen aus Holzklötzchen halten ihn auf Abstand zur Grundplatte, damit der Stoff unter dem Rahmen durchgezogen werden kann. In der Mitte die 60 cm lange Arbeitsplatte, auf der die Naht gefertigt wird. Sie steht links ca. 3 cm über die Grundplatte. Bei der Verarbeitung wird das Werkstück abschnittsweise von rechts nach links durchgezogen. Die Verklebung erfolgt jeweils von links nach rechts.
  • Mittels dieser Spannverschlüsse werden die beiden Rahmenteile zusammengezogen und das Werkstück wird so fixiert. Damit dies hinreichend exakt geschieht, sind zwei Führungsbolzen eingebaut. Die Bolzen werden einfach in 5 mm Bohrungen eingeschraubt bis kein Gewinde mehr zu sehen ist. Dann wird der Kopf abgesägt und die Schnittkante entgratet. Genau gegenüber dieser Bohrungen befinden sich 6 mm Bohrungen in denen der glatte Hals des Bolzens läuft. Damit dies gut funktioniert müssen diese Bohrungen sehr exakt ausgeführt werden. Wenn die Spannverschlüsse geschlossen sind sollte zwischen den Rahmenteilen ein Spalt von ca. 1 mm verbleiben.
  • Der Stoff wird mit solchen "Klemmbacken" aus Evazote sicher fixiert. Ungespannt sollte der Spalt zwischen den Backen auf beiden Seiten des Rahmens 4 - 5 mm betragen.
  • Mittels dieser einfachen Vorspanneinrichtung wird der Stoff beim Einlegen auf der linken Seite des Rahmens provisorisch fixiert, glatt über die Arbeitsplatte gezogen (dabei keinesfalls dehnen!), mit den Fingern der rechten Hand festgehalten und durch schließen der Spannverschlüsse mit der Linken endgültig fixiert.
  • Die abgeschägten Ecken links und rechts oben dienen ebenfalls der Vergrößerung des Durchzugsbereichs für Stoff. Rechts unten ist dies nicht erforderlich. Dem dient auch, dass die beiden zusammengeleimten Teile der Arbeitsplatte die Grundplatte links ungefähr 3 cm überragen. Der Durchzugbereich kann bei größeren Werkstücken noch mehr erweitert werden, indem man die Grundplatte z.B. auf zwei Stücke Dachlatte stellt.


Verkleben einer langen Naht mit dem Werkzeug
  • Werkzeug mit Zeitungspapier auf Arbeitsplattenbreite auslegen. Reserven im oberen Bereich locker aufrollen.
  • Stoffteil A oben rechts unter dem Rahmen durchziehen und mit angezeichneter Nahtkante auf Arbeitsplatte auflegen.
  • Auf den ersten ca. 15 cm Klebstoff auftragen und auf ca. 10 cm mit Stoffteil B zusammenfügen. Mit Nahtroller festrollen. Die restlichen 5 cm bleiben frei, damit möglichst "Naß in Naß" und damit lückenlos geklebt werden kann. Stoffteil B wird zur linken Seite umgeschlagen.


  • Die zusammengefügten Teile werden nun auch links unter den Rahmen gezogen und wenn die Naht gut auf der Arbeitsplatte aufliegt, provisorisch fixiert indem das Gummi eingehakt wird.
  • Stoffteil A nun auf der Arbeitsplatte glattstreichen, ganz leicht straffen, rechts neben dem Rahmen mit den Fingern der Rechten auf der Grundplatte fixieren und mit der Linken durch Schließen der Spannverschlüsse endgültig fixieren. Dann Kleberauftrag und Zusammenfügen wie beschrieben (wieder auf die 5 cm achten!). Spanngummi und Spannverschlüsse lösen, Werkstück ca. 50 cm nach links durchziehen und alles wieder von vorn, bis die Naht fast fertig ist. Die letzten 15 cm werden, wie die ersten, wieder unfixiert geklebt.
  • Das Ergebnis sieht man an diesem Probestück von links ...
  • ... und von rechts. Ich denke, das kann sich schon mal sehen lassen. Bei richtigen Werkstücken verwende ich zum Markieren der Nähte natürlich unauffälligeren Permanentstift. Auch leicht gebogene Nähte, wie sie z.B. für den Caternary-Cut erforderlich sind, sind möglich.
  • Und wer, wie Claudia, geklebten Zeltnähten dann doch noch nicht so ganz traut, der näht einfach noch einmal zwei Stepnähte drüber. Das dürfte dann wirklich reichen, ist ruckzuck erledigt und auf jedem Fall einfacher zu machen sein, als eine doppelte Kappnaht. Allerdings muss die Naht nun noch einmal extra versiegelt werden.
    Auf besonderem Wunsch wird dies später bei Claudias 1-Personen Lavvu natürlich so gemacht :-) .


Nachtrag 14.02.2015:
Ich habe gerade das Außenzelt meines 1-Personen Lavvu geklebt und dabei das Werkzeug für fünf lange Nähte (200 cm) mit jeweils 2 cm Überlappung benutzt. Für den Eingangsreißverschluß habe ich zwei ebenso lange 2 cm breite Verstärkungen an die Segmentkanten geklebt.
Alles funktioniert genau, wie geplant. Ein paar Dinge fielen mir jedoch auf:
  • Kanten, die eher diagonal zur Webrichtung geschnitten sind, dehnen sich sehr stark. Zum Einstreichen mit Kleber zunächst etwas straffer einspannen, dann Zeitungspapier bewegen und anschließend einen der Spannverschlüsse öffnen, den Stoff sich entspannen lassen und Spannverschluss wieder schließen. So verzieht sich nichts.
  • Aus vg. Grund sollte einen der zu verklebenden Stoffkanten immer parallel zu Webrichtung verlaufen. Den Zuschnitt entsprechend planen.
  • Für jede Naht einen neuen Spachtel nutzen. So kann langsam am Spachtel trocknender Kleber nicht das Ergebnis beeinträchtigen.
  • Große Werkteile bis zum Klebebereich locker aufrollen. So arbeitet es sich leichter. Das aus sechs Segmenten bestehende Außenzelt ließ sich noch problemlos unter dem Rahmen durchziehen.
  • Ein langer Arbeitstisch ist hilfreich, da insbesondere links bereits verklebte Teile gut abgelegt werden könne, ohne dass Klebstoffüberschüsse den Stoff verkleckern.
  • Zum Einlegen des oberen Werkteils einfach den Rahmen zur Seite legen. So gehts auch etwas leichter.
  • Bei Falten oder gößeren Blasen sofort nochmal trennen und neu zusammenfügen. Alles andere ergibt Murks!
Verglichen mit Nähen einer doppelten Kappnaht in Sil-Nylon habe ich deutlich weniger Zeit für das reine Anfertigen der Naht benötigt und verglichen mit dem früher freihändigem Kleben ist das Kleben mit dem Werkzeug ein Klacks. Es hat sich absolut bewährt!

Materialliste für das Klebewerkzeug

(Wichtig: Bei veränderter Dimension einzelner Bauteile entsprechende Anpassung anderer Bauteteile prüfen. Beispiel: Stärke Evazote 14 mm. Jetzt Länge der langen Rahmenleisten 728 mm.)
1 x Grundplatte, Span 10 mm, 790 x 482 mm
2 x Arbeitsplatte, Span 20 mm, 600 x 100 mm
2 x Auflage, Span 20 mm, 100 x 40 mm
4 x Auflage, Span 20 mm, 40 x 20 mm
2 x Rahmenleiste, 708 x 40 x 20 mm
2 x Rahmenleiste, 400 x 40 x 20 mm
2 x Spannverschluss
2 x Schlossschraube (Führungsbolzen), 70 x 5 mm (mind. 40 mm glatter Hals)
4 x Winkel 100 x 100 mm
4 x Winkel 40 x 40 mm
4 x Evazote 100 x 20 x 9 mm
1 x Spanngummi mit Haken
1 x Ringschraube
Holzleim
div. Holzschrauben



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© Hartmut Henkel - erstellt: 05.02.2015 - aktualisiert: 12.02.2015