..:  Plünnenkreuzer  :..


Pouch Single 2000

Innovatives Boot mit Kinderkrankheiten



(Bild folgt)

Der Originalaufdruck auf dem Lukendeckel und dem Achterdeck – am Detail hapert’s recht oft!


    Vorstellung des Bootes: Seite 1    
Bootsaufbau und Gerüst: Seite 2


Mein erstes Faltboot war ein Pouch E 65 II, mein zweites ein Single 2000 oder E 68 (wie er in den USA genannt wird). Bei der ersten Fahrt im leeren Single 2000 konnte ich sehr schnell lernen, wo der Unterschied zwischen Anfangsstabilität und Endstabilität liegt. Aus der Sicht des damaligen Paddelnovizen empfand ich den E 65 unproblematischer zu fahren.

Dann wurde das Boot jedoch mit Gepäck für 5 Tage voll gepackt und siehe da: Es lag richtig „satt“ im Wasser und war jetzt auch für mich ziemlich problemlos zu fahren.

Doch zunächst einige technische Daten, entnommen dem zu meinem Boot gelieferten Prospekt, der  Pouch-Website (runde Klammern):

    Länge mit Steuer: 5.20 m    
Breite: 0,69 m
Querspanten: 5 + 2 Hilfsspanten
Gewicht: 31 kg
Belastbarkeit: 200 kg / (140 kg)

Bei meiner ersten 5-Tage Fahrt über die Mecklenburger Seenplatte und den später nachfolgenden mehrwöchigen Fahrten auf Elbe, Weser und Donau und anderen Gewässern zeigte das Boot dann auch seine Qualitäten.

Was mir an meinem Single 2000 gefällt:

  • Schöne Form und ein guter Geradeauslauf.

  • Ein für das Gewicht des Bootes (komplett aufgebaut über 33 kg!) relativ leichter Lauf - mit „Wanderschlag“ sind auch lange Etappen möglich.

  • Die Fahreigenschaften – für die lange Fahrt beladen liegt es „satt“ im Wasser (leer recht „kippelig“), es lässt eine recht hohe Dauergeschwindigkeit zu, Wellen sind sein Metier – die mag dieses Boot - allerdings weniger gern von schräg achtern.

  • Bequemes Cockpit - auch für einen 1,84 m langen und ca. (seufz!) 115 kg schweren Paddler.

  • Vergleichsweise riesiger Laderaum – bei meinen Touren liegt das komplette Gepäck für die Fahrt im und auf dem Achterschiff sowie im Cockpit. Im Vorschiff liegen nur Packsäcke und anderes Zeugs, was nicht gebraucht wird.

  • Gute Erreichbarkeit des Gepäcks: Luft aus den Schläuchen lassen, Steuerruder abziehen, geschlitztes Verschlussrohr vom Achterdeck abziehen, ein- oder auspacken! Gute Handlebarkeit des Gepäcks im Vorschiff aufgrund der kleinen Durchgreifluke.
  • Nicht zu unterschätzender Vorteil ist auch die Verwendbarkeit einer handelsüblichen Spritzdecke / Persenning für Festboote.
Mit allen Modifikationen, die ich im Laufe der Zeit eingebaut habe (s.u.) ist diese Boot zwischenzeitlich ein ideales Langstreckenwanderboot für mich geworden, das ich trotz anfänglicher Mängel und Enttäuschungen (s. noch weiter u.) für diesen Zweck sehr gern einsetze.

Basteleien - folgende (zumindest aus meiner Sicht) Verbesserungen habe ich im Laufe der Zeit eingebaut:

  • Gummispanner für die Steuerpedale
    – einfach sinnvoll
  • Ersatz der fisseligen Schrauben in den Beschlägen durch Exzenter
    – Schrauben, bei aller Stabilität, die sie dem Gerüst verleihen, sind fummelig, leicht Verlierbar, sorgen für längere Aufbauzeiten
  • Einrichtung zum leichteren Herausheben des Gerüstes aus der Haut
    – erleichtert diese Tätigkeit zuweilen deutlich
  • Einrichtung für das Aufholen/Niederlassen des Steuers
    – außer den erforderlichen Leinen war da nichts - zudem müssen die Leinen leicht gespannt sein, damit das Blatt beim Niederlassen nicht verklemmt.
  • Stopper für die Kunststoffschläuche der Steuerseile
    – die Enden rutschen sonst unter Deck
  • Längeres Blatt für die Steuerung
    – das mitgelieferte ist im Wellengang weitgehend wirkungslos
  • Bessere Verstelleinrichtung für die Steuerseile
    – einfach komfortabler
  • Bessere Befestigung der Deckslasche im hinteren Cockpit
    – die Druckknöpfe verabschiedeten sich schon beim Aufbau zur ersten Fahrt
  • Netz für Kleinkram auf dem Vordeck
    – einfach komfortabler
  • Stabiles Verbindungsstück für die geschlitzten Rohre auf dem Achterdeck
    – das gelieferte Plastikstück sorgte für eine „gurkige“ Linie des Rohres auf Deck, da es unzureichend stabil war
  • Modifizierung der Packtasche
    – es waren für die schwere Tasche zuwenig Griff- und Tragemöglichkeiten vorhanden
  • Einführhilfe für die Luftschläuche im Reparaturfall
    – ohne kann man alt aussehen
  • Gemeinsames Aufblasen beider Luftschläuche
    – etwas weniger Arbeit und gleichmäßigeres Ergebnis
Die magenta gekennzeichneten Basteleien habe ich auf der Site – faltbootbasteln.de – von Jutta & Jürgen Engert beschrieben. Das ist die Fundgrube für Faltbootbastler und –interessierte schlechthin!

Den Single 2000 könnte man (so man will) wie folgt klassifizieren:

      Single 2000/I
      – Vierteldrehbeschläge, offene Verbindung der Bordwände, Brettrückenlehne.

      Single 2000/II
      – Schraubbeschläge, geschlossene Verbindung der Bordwände, bewegliche Rückenlehne.

      Single 2000/III
      – Klappbeschläge; geschlossene Verbindung der Bordwände mit Sicherungsknebel


Meinen Pouch Single 2000 habe ich im Frühjahr 2002 von meinem Händler geliefert bekommen. Die Begeisterung für das formschöne Boot trübte sich bereits bei der Lieferung reichlich ein.

Was mir an meinem Single 2000 nicht gefiel/gefällt:

  • Die Rückenlehne ließ sich auch vom Händler nicht einbauen. Sie war schlicht ca. 1,5 cm zu kurz geraten.
  • Einige D- Ringe sind nicht symmetrisch angebracht und einige sichtbare Nähte mäandern über das Deck.
  • Eine unbedingt erforderliche Schraube für die Beschläge fehlte bei Lieferung.
  • Der Lack an einigen Holzteilen wies tiefe Kratzer auf. Das Gerüst war möglicherweise unzureichend verpackt war und die scharfkantigen Beschläge taten ihr Werk. (Alle fehlende Teile wurden schnell nachgeliefert – die Kratzer nahm ich zähneknirschend hin, weil bereits eine Tour fest geplant war.)
  • Das hohe Gewicht des voll aufgebauten Bootes mit Steuerung von über 33 kg!
  • Beim ersten Gebrauch verabschiedete sich auf der Müritz ein Steuerseil. Die Quetschhülsen waren über die Kunststoffummantelung der Steuerseile gequetscht. Nach einigem Hin und Her erhielt ich fachgerecht gefertigte Steuerseile.
  • Schon bei dieser Fahrt kam es zu Beschädigungen der Spanten 1 und 5. Die nicht ganz passgenauen Beschläge an den Bordwänden „frästen“ sich in das Holz der Spanten.
  • Auch die Aufholanlage des Steuers war nicht betriebsbereit. Sie musste von mir erst für den Gebrauch hergerichtet werden.
  • Nach der ersten Winterpause gestaltete sich der erste Aufbau im Frühjahr beim Faltboottreffen in Lychen zum Kraftakt. Das PVC des Unterschiffs war über Winter trotz fachgerechter Lagerung geschrumpft. Das Gerüst konnte nur mit Gewalt in die Haut gebracht werden. Mögliche Ursache: das PVC war eventuell noch nicht „abgelagert“, d.h. noch nicht vor Verarbeitung durch eine gewisse Lagerzeit „vorgeschrumpft“. Bei meinem E 65 gab es dieses Problem nicht.
  • Ein kosmetisches Ärgernis ist das schnelle Ausbleichen des Oberdecks aus Bretex. Aus einem satten Rot wurde innerhalb von 2 Jahren ein unansehnliches grau-rot-rosa. Wenn ich dagegen 10 Jahre alte Klepperverdecke sehe, kommen mir fast die Tränen.
  • Beim Boot wurde kein Fitzelchen Reparaturmaterial mitgeliefert! Dies muss man separat zu m.E. vollkommen überzogenem Preis kaufen.

Nach all diesen Erfahrungen stellt dann schon die Frage, warum ich das Boot immer noch fahre und dann sogar noch davon berichte?

Ganz einfach: Weil es trotz allem auch irgendwo ein tolles Boot ist und sich bei etlichen langen Gepäckfahrten als sehr zuverlässig erwiesen hat! Es ist mein favorisiertes Boot für lange Wasserwanderungen.

Mein Fazit:

Das Boot hätte vielleicht das Zeug zu einem kommenden Klassiker gehabt. Leider wurde es nach meiner Auffassung noch nicht genügend ausgereift (z.B. Vierteldrehbeschläge – Schraubbeschläge – Klappbeschläge) auf den Markt gebracht.
Dies in Verbindung mit (zumindest bei mir vorhanden gewesenen) Qualitätsdefiziten bei der Verarbeitung und dem (zumindest von mir so erlebten) „Service“ des Herstellers haben vielleicht eine Klassikerkarriere und leider eigentlich viel versprechendes Produkt sehr ramponiert.

Die letzte Nachrichten aus Pouch (Sommer 2005) besagen, dass das Boot künftig nicht mehr  im Angebot geführt werden soll. Letztmalige Bestellungen sollen 2005 jedoch noch möglich sein.

Zuletzt noch ein Dank an Michael Nieman für die Detailfotos von seinem Single 2000. Sie sind jeweils mit (MN) gekennzeichnet.

Der Single 2000 im Einsatz

003_NC.jpg Die erste Tour mit dem neuen Boot – 2002 auf der Müritz. Die Anordnung der Deckslast lässt noch deutliche Verbesserungspotentiale erkennen.

(Foto: Olaf Weidner)
096_NC.jpg Die zweite größere Tour fand mit dem Boot dann 2002 auf der Elbe statt. Ab Meissen verlor ein Luftschlauch ständig Luft. Für das Boot kein Problem. Es sah zwar etwas gurkig aus, ließ sich aber ganz normal fahren.
IM000342.JPG Im Frühjahr 2003 konnte ich dann das Gerüst in die Schrumpfhaut würgen. Diese Party gibt’s jetzt jedes Frühjahr.

(Foto: Karl Udo Ölze)
DSCF0023.JPG Im „gestretchten“ Boot dann im Sommer 2003 wieder auf der Elbe.
IMG_1866.JPG 2004 mit der 49. TID auf der Donau. Auf langen Wanderstrecken hat sich das Boot auf diversen Touren zwischenzeitlich sehr gut bewährt.
hartmut2.jpg 2005 mit der 50. TID auf der Donau in der Wachau.
(Foto: Peter John)
IMG_0014.JPG Was ich an dem Boot besonders schätze - die "Ladeklappe" im Heck!


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  © Hartmut Henkel - erstellt: 08.12.2007