|
|
Cat-Cut - kein
Katzenfutter!
|
Mit der Kettenlinie zu
besserer Form
|
Der Catenary-Cut, kurz Cat-Cut oder auch
Kettenlinie genannt, ist tatsächlich von der
Linie hergeleitet, die eine durchhängende,
an zwei Punkten auf einer waagerechten Linie
befestigte Kette bildet. Sie sieht aus wie eine
Parabel, ist aber keine, sondern eine
Katenoide.
Insbesondere in der Architektur wird die
Kettenlinie häufig bei der Konstruktion
belastbarer und zugleich filigraner Bögen
und Gewölbe genutzt.
Im Outdoor-Bereich findet der Cat-Cut vor allem
bei Tarps und Zelten Anwendung. Er sorgt bei
richtiger Anwendung für einen faltenfreien,
gestrafften Aufbau dieser Behausungen. Somit ist
der Cat-Cut auch für den MYOGer interessant,
der solche Dinge näht oder klebt.
Die Wirkung des Cat-Cut beruht darauf, dass z.B.
nach dem Spannen eines sechseckigen Lavvu von den
Segmentnähten und dem Saum auf die gesamte
Fläche der Segmente Zug ausgeübt wird,
d.h. nicht nur die Segmentnähte werden
gespannt, sondern mit ihnen auch die angrenzenden
Segmentflächen. Dies wird allein durch den
leicht konkaven Zuschnitt der Nahtkanten zwischen
den Segmenten bewirkt. Durch den Zug auf die Naht
entsteht eine Tendenz den konkaven Bogen gerade
zu ziehen.
Am Beispiel der Kräfteverhältnisse an
einem Segment eines sechseckigen Lavvu
möchte ich diesen Sachverhalt
verdeutlichen:
Wenn die Segmente Dreiecke gerade Kanten haben,
besteht nach dem Spannen der Zeltleinen Zug auf
den Nähten und auch auf dem Saum (rote
Pfeile). Auf die Segmentfläche wirkt so gut
wie kein Zug und sie steht nur unter minimaler
Spannung. Kleinste Ungenauigkeiten beim
Nähen und dem Zuschnitt führen dann
dazu, das die Segmentfläche schlabberig
zwischen den Nähten und dem Saum
hängt.

Nachdem die Nahtkanten mit Cat-Cut Bögen
versehen sind, ändert sich dies. Beim
Straffen der Nähte streben die Bögen in
Richtung einer geraden Kante. Jetzt wird
über die gesamte Länge der Bögen
seitlich Zug auf die Segmentfläche
ausgeübt und diese gestrafft. An der
tiefsten Stelle des Bogens wirkt die
größte Kraft. Zu den Enden hin wird sie
immer geringer. Dies ist schon besser aber noch
nicht optimal.

Wenn auch der Saum der Basis mit einem Cat Cut
versehen wird, dann ist es ideal, denn jetzt wird
von allen Seiten des Segments Zug auf die
Segmentfläche ausgeübt und diese so
gespannt.

Dies gilt auch für anderen
Flächenformen wie z.B. einem rechteckigem
Tarp. Wenn also der Cat-Cut eingesetzt wird, dann
an allen Seiten einer Fläche. Dies minimiert
das Risiko von Falten und Wellen.

Über die erforderliche Tiefe der
Einbuchtung, des Bauches von einem Cat-Cut-Bogen
gibt es unterschiedliche Ansichten in der
MYOG-Szene: Manche würden z.B. auf drei
Meter Länge 6 bis 8 cm für erforderlich
halten.
Nach meiner Erfahrung sind auf dieser Läge
2,5 bis 3 cm auch ausreichend. Ich möchte
den Bogen grundsätzlich nur so tief wie
erforderlich, aber so flach wie möglich
halten. Denn je tiefer der Bogen umso mehr
krümmt sich das Außenzelt ein und im
Zelt geht Raum verloren. Als Faustregel
könnte gelten: 1 cm Bogentiefe pro 100 cm
Naht-/Saumlänge.
Der Cat-Cut sollte insbesondere bei Stoffen
eingesetzt werden, die sich nicht dehnen (z.B.
Polyester). Aber auch bei dehnbaren Stoffen (z.B.
Baumwolle oder Sil-Nylon) ist er durchaus
sinnvoll.
Meine Methode, Schnittmuster mit Cat-Cut
herzustellen ist denkbar einfach: Ich benutze
eine Bleischnur aus dem Gardinenfachhandel oder
etwas schwerere weiche Schnur und lasse sie
durchhängen! Keine Rechnerei und
Konstruiererei - nur "Back to the roots!"
Zunächst zeichne ich das Schnittmuster ohne
Cat-Cut (hier ein Dreiecksegment für ein
Pyramidenzelt als modellhaftes Beispiel)
inklusive Nahtzugabe auf Packpapier. Links und
rechts (rot) die Befestigungspunkte der Schnur,
mittig zwischen den Befestigungspunkten die
Markierung für die Bogentiefe (rot). Wichtig
ist, dass der Cat-Cut immer die Nahtzugabe
enthält.

In der Mitte der Nahtkante, die den Cat-Cut
erhalten soll, messe ich die Bogentiefe aus und
markiere sie gut sichtbar.

Einer der Endpunkte. Er liegt immer auf der Kante
der Nahtzugabe.

Dann befestige ich das Packpapier so an einer
Wand oder an einem breiten Brett, dass sich die
Naht, die den Cat-Cut erhalten soll oben befindet
und exakt waagerecht ausgerichtet ist. Ist dies
nicht der Fall, verschiebt sich der "Bauch" des
Bogens nach links oder rechts. Die Schnur wird
jetzt an einem Ende der Schnittmusterkante
befestigt, dann am anderen Ende straff
gezogen.

Die Schnur sollte genau oberhalb des
Markierungspunktes für die Bogentiefe
liegen. Die Messung der Bogentiefe beginnt an der
Kante der Nahtzugabe.

Und hier ein gern gemachter Fehler: Die Schnur
muss auch bei den Befestigungspunkten links und
rechts oberhalb
verlaufen!

Der Bogen wird nun unterhalb der Schnur
angezeichnet. Ich nehme normalerweise eine
leichte Bleischnur. Sie hängt einfach
stabiler und gleichmäßiger.

Der fertig angezeichnete Bogen des Cat-Cut und
...

... der zugeschnittene Bogen.

Und damit dies alles nicht nur graue Theorie
bleibt, hier ein Zelt, dass ich wie zuvor
beschrieben hergestellt habe. Das HexHex ist aus
36 g Sil-Nylon, die Bogentiefe an den ca. 200 cm
langen Segmentnähten beträgt 2 cm, am
ca. 140 cm langen Saum 1,5 cm. 
Zusammengefasst muß man bei der Prozedur
also besonders auf folgendes achten:
- Die zu bearbeitende Naht muss genau
waagerecht an der Wand o.ä.
hängen.
- Der Cat-Cut muss immer die
gewünschte Nahtzugabe beinhalten,
Anfangs- und Endpunkt liegen daher immer auf
der Kante des Schnittmusters und nie auf dem
Verlauf der späteren Naht! Die Messung
der Bogentiefe beginnt an der Kante der
Nahtzugabe.
- Die Schnur muss immer über den drei
markierten Punkten laufen, da unter ihr
angezeichnet wird.
- Man sollte eine möglichst
dünne Bleischnur verwenden, denn
Bleischnur dehnt sich durch ihr Eigengewicht
leicht. Und da leichter, ist sie auch
einfacher zu befestigen.
- Wenn der Cat-Cut eingesetzt wird,
müssen die späteren
Spannungsverhältnisse an der
entsprechenden Fläche klar sein. Im
Normalfall sollten alle Seiten einer
Fläche den Cat-Cut erhalten.
Ich habe auch Versuche mit dünnen Leisten
gemacht, fand dies aber vergleichsweise
umständlich. Zudem gibt es
Beschaffungsprobleme bei längeren
Nähten.
|
|
|
|
.: :.
|
|