.:  Der Landgänger  :.


Meine ersten leichten MYOG-Packs

Inzwischen Geschichte: PlünnenSack l und ll


Die beiden folgenden Artikel stammen aus meinem inzwischen aufgegebenem Blog "Gray-Trek". Sie beschreiben die Anfertigung meiner ersten Rucksäcke PlünnenSack l und ll und geben Aufschluss über meine damit zusammen hängenden Überlegungen und Erfahrungen. Das ist vielleicht interessant für diejenigen, die sich auch mit ersten Gedanken zum MYOG eines Rucksacks befassen.
Diese Aktivitäten führten letztlich zu den PlünnenSäcken lll und lV mit eigenem Design, die hier auch genauer beschrieben sind, so dass ein Nachbau eigentlich kein Problem sein dürfte.


Rucksack-Diät - Ein viel leichterer "PlünnenSack" (Anmerkung: PlünnenSack l)

Das Projekt

Mit meinem Deuter ACT Lite 60+10 EL bin durchaus sehr zufrieden. Lediglich sein Gewicht von rund 1,7  kg stört mich. Seit längerem bin ich also auf der Suche nach Alternativen und eine hat meine besondere Aufmerksamkeit erregt: "Laufbursche" ist das Label der innovativen Kölner Cottage- Manufaktur von Mateusz Szultk. Laufbursche hat sich in den letzten Jahren in Ultraleicht (UL)- Outdoorszene einen guten Ruf erworben. Und das, obwohl sie erst seit Anfang 2012 ihre Produkte offiziell anbieten.

Diese Packs aus der UL-Szene sind im Normalfall - salopp gesprochen - nichts weiter als leicht schlabberige High-Tech Stoffsäcke ohne eigene Struktur. Der "normale", an Tragegestell gewöhnte Rucksackträger argwöhnt, dass sowas doch wohl eher nicht tauglich ist. Allenfalls könnte er sich noch mit einem  anfreunden, der als Ausnahme von der Regel wenigstens optional ein einfaches Gestell bietet, wie z.B. der Mariposa+ von Gossamer Gear. Auch ich liebäugelte ein Weile mit diesem Pack.
Letztendlich hatte es mir aber der HuckePack angetan. Besonders sein einfaches aber geniales Verschlusssystem gab den Ausschlag - und natürlich die aufschlussreichen Berichte der vielen Tester aus der UL-Szene. Aber ist so ein Pack auch das Richtige für mich? Würde ich damit klar kommen? Ich beschloss, mir erst einmal selbst so ein Teil zu nähen, denn ein 200 € Test schien mir doch etwas zu aufwändig.

Zunächst sammelte ich als alles an Bildern zum HuckePack, was das WWW hergab (die gibt's reichlich) und studierte sie intensiv. Nach und nach bekam ich einen recht gute Eindruck von der sauberen Näharbeit und den konstruktiven Finessen, die in diesem Pack stecken. Irgendwann begann ich dann ein Schnittmuster anhand dieser Fotos zu zeichnen. Dabei waren die Maßangaben auf verschiedenen Internetseiten sehr hilfreich. Schließlich überprüfte ich alles immer wieder, merzte noch etliche Fehler aus (zum Glück musste ich etwas auf den Stoff warten!) und schrieb dann eine Art "Roadmap". Darin legte ich fest, was ich in welcher Reihenfolge wie nähen wollte. Genau diese Punkt erwies sich später als sehr wichtig.

Nach dem Zuschnitt ging es dann an die Näharbeit. Da ich kein Nähprofi wie Mateusz bin, musste ich gut Zeit investieren und wurde nebenbei, trotz aller Vorüberlegungen, Weltmeister im Nahtauftrennen. Ich nähe übrigens mit einer ältern Pfaff 1071 mit IDT (Obertransport) und 70W Motor. Die meistert auch doppelte Gurtbandlagen auf 8 mm PU-Schaum. Normale Haushaltsmaschinen dürften hier Probleme bekommen.

Nach ein paar Tagen war nun mein "PlünnenSack" - stark angelehnt an das HuckePack Design - fertig.  Und so sieht er aus:



Einiges habe ich aber doch verändert oder zugefügt. So habe ich Träger und Flügel aus dem gleichen PU-beschichteten Nylonstoff von  genäht, wie den Rest des Packs. Die Polster habe ich aus einer 8mm starken Isomatte geschnitten und eingeschoben, der Brustgurt ist mit Gurthaken abnehmbar eingehängt, auf dem rechten Flügel ist eine kleine Netztasche für meine Kamera und Kleinzeug aufgenäht und am Packsack und dem Hüfttragegurt sind Reflexionsmaterialen angebracht.

Nun ist der PlünnenSack fertig und kann getestet werden. Er wiegt übrigens 464g, mit dem Z-Lite Rückenpolster 580g. Damit ist er rund 1200g leichter als mein Deuter ACT Lite 60+10! Für den ersten Versuch eines selbstgenähten UL- Rucksacks ganz gut.
Es geht mir bei den Tests nun darum, herauszufinden, ob ich mit dem Teil gut klar komme und ob ich meine Ausstattung und Lebensmittel damit problemlos transportieren kann. Wenn ja, bedeutet dies einen spürbaren Komfortgewinn!

Abschließend meine Erkenntnis: Diese Näharbeit ist wirklich etwas für MYOG- Enthusiasten, die mit einer (geeigneten!) Nähmaschine umgehen können. Alle anderen sind auf alle Fälle bestens beraten, sich den original Laufbursche HuckePack zu kaufen. Jetzt weiß ich ganz sicher, dass sein Preis in jeder Hinsicht gerechtfertigt ist!

Und ich werde noch einen PlünnenSack ll fertigen. Darüber gibts dann einen detaillierteren Baubericht auf meiner Website - dem "Plünnenkreuzer".

12. Mai 2012 - Der erste Test

Gespannt war ich schon, wie sich das schöne Teil in der Praxis wohl bewähren wird. Also habe ich heute kurzfristig entschlossen eine kleine Tagestour gemacht.Von Lübeck Schlutup immer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze nach Süden, runde 15 Kilometer in ca. 5 Stunden ohne Pause. Ganz gemütlich also. Getragen habe ich ein Funktionsshirt von Odlo und darüber ein Jacke aus 200er Fleece. Die Temperatur lag bei ca. 15° C und es war windig.
Der Pack war mit Gepäck für eine Mehrtageswanderung mit Zelt und Kocher im Burrito-Style gepackt und wog mit Spiritus und einem Liter Wasser ziemlich genau 9,5 Kilogramm. Es war sogar noch gut Platz für mehr Zeugs vorhanden.

Tragegefühl:
Das Ding sitzt wie angewachsen auf dem Rücken. Weder Tragegurte noch Hüftgurt haben irgendwie gedrückt oder anders Schmerzen bereitet. Der Komfort ist erstaunlich gut. Ohne zu übertreiben: Ich hatte noch keinen besser sitzenden Rucksack.
 
Schwitzen:
Obwohl Träger und Hüftgurt aus beschichtetem Nylon gefertigt sind, wurde es darunter nicht feucht oder sogar nass. Es war alles trocken.
Größere Probleme vermutete ich eher am Rücken, da hier die Z-Lite doch recht großflächig aufliegt. Als ich am Schluss der Tour den Rucksack abnahm, war der Rücken warm und ganz leicht feucht - also keineswegs nass. Kein unangenehmes Gefühl der Nässe. Die "Eierkartonstruktur" der Z-Lite sorgt wohl doch für ein bestimmtes Maß an Belüftung. Das Wärmegefühl hatte ich übrigens die ganze Wanderung über. Empfand ich als angenehm und schädlich für den Rücken wird's auch nicht sein.

Handling:
Meine 1 Liter Platypus konnte ich bei aufgesetztem Rucksack mit der rechten Hand aus der Netztasche an der rechten Seite nehmen und auch wieder hineinstecken. Trekker trinken vermutlich deshalb oft zu wenig, weil es ihnen einfach zu umständlich ist, bei eine Solotour dafür den Rucksack abzusetzen, sofern sie kein Camelback haben.

Was ich wohl noch verbessern werde:
  • Für die Träger hatte ich 15mm Gurtband verwendet. Halten wird das mit Sicherheit aber das Band rutscht mit der Zeit durch die Leiterschnallen. Beim Nachfolgemodell werde ich 20mm Gurtband verwenden.
  • Die Netztasche für den Fotoapparat auf dem rechten Flügel hat sich klasse bewährt! Noch nie war das Hantieren mit der Knipse für mich derart problemlos. Nie mehr ohne! Beim Nachfolgemodell werde ich allerdings die Tasche die volle Höhe des Flügels bedecken lassen, da dann die Kamera noch sicherer untergebracht ist. Insbesondere fällt sie beim Absetzen des Packs nicht so leicht heraus.
  • Das Rückenteil werde ich zur weiteren Verbesserung des Sitzes beim nächsten Pack ca. 3 Zentimeter länger machen und den Packsack für etwas mehr Volumen für große Touren um insgesamt ca. 6 Zentimeter.
Was ich erst einmal beibehalten werde:
  • Die Konstruktion der Träger und der Flügel. Die Teile haben Hüllen aus dem gleichen Stoff wie der Rucksack und eingeschobene Polster, die aus 8mm Isomatte geschnitten sind. Einfach, leicht und preiswert!
  • Die Notwendigkeit einer Höhenverstellbarkeit des Brustgurtes hat sich mir bei noch bei keinem meiner Rucksäcke erschlossen - außer wegen der Anpaßbarkeit an unterschiedliche Käufer. Auch beim nächsten Pack werde ich den optimalen Sitz des Brustgurts ermitteln und die Befestigung auf die Träger nähen, denn ich bin der einzige, der diesen Pack benutzt. Abnehmbar muss der Brustgurt nicht sein.

17. Mai 2012 - Der zweite Test

Für den zweiten Test habe ich die Tour vom 12. Mai fortgesetzt. Zunächst ging es entlang der ehemaligen Grenze bis zum Ratzeburger See, an dessen Ostufer dann bis Ratzeburg und dort bis zum Bahnhof. Es war wechselnd bewölkt, meist sonnig aber kühl. Der Wind wehte nur leicht aber irgendwie unangenehm. Daher hatte ich dieses mal drei Schichten auf dem Oberkörper: Funktionsunterhemd, langärmeliges Shirt und wieder meine 200er Fleecejacke.
Der Rucksack war 11kg schwer und für die rund 20km benötigte ich rund 5 1/2 Stunden.
Um es kurz zu machen: Auch unter den vg. Bedingungen gab es fast die gleichen Erkenntnisse wie am 12. Mai. Lediglich der Rücken war aufgrund des hügeligen Endmoränengeländes etwas feuchter. Wiederum erstaunte mich der Tragekomfort dieses eigentlich primitiven Sacks.
Der ultimative Test erfolgt erfolgt Pfingsten. Dann wird das Pack auf einer dreitägigen Trekkingtour getestet. Besteht er, wird so ein selbstgenähter UL-Pack künftig erste Wahl für Trekkingtouren sein.
 
Was noch zu tun ist:
  • Ich werde die Ober- und Oberkante jedes Flügels an der Stelle mit einem Bartack verstärken, wo der Flügel an den Pack genäht ist. Es ist zwar nichts kaputt gegangen, aber erkennbar, dass diese Stellen besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Beim PlünnenSack ll kommen hier Verstärkungen hin.
  • Als Regenschutz werde ich ein Lining aus Silnylon anfertigen. Das Ganze aus einem Stück mit komplett geklebten Nähten (Elastosil). Der Saum wird genäht. Irgendwelche Verschlüsse gibt es nicht. Das Teil ist länger als das Pack und wird einfach umgeschlagen und dann in den Sack gesteckt.
  • Beim PlünnenSack ll werden dann nur die Nähte im Deckel abgedichtet.
 
Perspektive:
Den PlünnenSack ll wird es definitiv geben. Der wird dann aus dunkelgrauem oder schwarzem Dyneema X-Grid gefertigt. Eine Z-Lite vom Auslaufmodell wurde schon zum Schnäppchenpreis bestellt.
 

25. - 27.05.2012 - Der dritte Test

Ursprünglich hatte ich den PlünnenSack ja nur genäht, um mal zu testen, ob ich damit klar komme. Das war einmal! Ich habe Blut geleckt und werde mir meine Packs künftig selbst nähen. Besser kann MYOG eigentlich nicht laufen!
Der dritte Test - drei Tage Trekking mit allem Gerödel im Schwäbisch-Fränkischen Wald - brachte keine neuen Erkenntnisse.Das Teil erfüllte alle Erwartungen souverän!
Der PlünnenSack ll wird mit den bereits angesprochenen Modifikationen genäht und aller Voraussicht nach auf dem Schwedentrek eingesetzt. Über die Anfertigung werde ich dann detailliert berichten. Wieder sind 1,1 - 1,2kg eingespart.
Aber, da geht immer noch was! Das nächste Projekt haben Claudia und ich schon beratschlagt: Ein leichter und winddichter Smock, der meine wunderbare aber mit rund 600g zu schwere Softshell von Haglöfs ersetzen soll. Angepeilt ist eine Einsparung von 250 - 300g. Schaun mer mal ...



PlünnenSack ll

Das Nachfolgemodell meines ersten PlünnenSacks ist fertig und der erste jetzt im Rucksackhimmel! Er diente zum Testen und hat seinen Zweck ausgezeichnet erfüllt. Bei einer Tour im Schwäbisch- Fränkischen Wald wurde er zuletzt unter Trekkingbedingungen hart geprüft - und hat in jeder Hinsicht bestanden. Allerdings sind etliche Verbesserungsmöglichkeiten offenkundig geworden und die habe ich beim PlünnenSack ll umgesetzt.




Materialien:
  • Für den Rucksackkörper wesentlich robusteres Dyneema X-Grid. (Extremtextil)
  • Für die Netztaschen etwas robusteres und festeres Netzgewebe. (Extremtextil)
  • Für die Polsterungen 9 mm Evazote. (Globetrotter)
 
Konstruktion:
  • Der Rucksackkorpus ist insgesamt 6 cm länger geworden.
  • Der Abstand Boden - Schultertragegurte ist für eine noch bessere Rückenpassform 3 cm größer  geworden.
  • Auf beiden Flügeln des Hüfttragegurts wurden Netztaschen aufgenäht.
  • Als Boden ist eine 9 mm Evazoteplatte eingelegt und für das Rückenpolster nutze ich meine gefaltete 5 mm Unterlegmatte aus Evazote. Darauf kommen optional nur noch zwei Elemente (eine Lage) einer ThermaRest Z-Lite. Dies gibt dem Rucksack ausreichend Struktur für das Handling, so dass ich nun auf eine gerollte Isomatte im Innern verzichten kann und damit nochmals über mehr Packvolumen verfüge.
  •  Alle Nähte sind innen - auch innerhalb der Deckeltasche - mit Seam Grip weitgehend abgedichtet.
  •  Der Deckel ist für einen besseren Sitz etwas konisch geschnitten.
  •  Zusätzliche Befestigungsschlaufen auf dem Deckel und dem Korpus.
  •  Der Brustgurt ist tiefer an den Tragegurten befestigt und anders gestaltet.
  •  An den Schultertragegurten sind nun 20 mm breite Gurtbänder angenäht, da die zuvor verwendeten 15 mm breiten Gurtbänder durch die Leiterschnallen rutschten, wenn sie nicht genug belastet waren.
Einsatzbereit, also komplett mit allen Rückenpolstern wiegt der Rucksack 670 g. Das ist zwar für einen Ultra?leichtrucksack nicht gerade ein Spitzenwert aber aus meiner Sicht ausgezeichnet.
Die Veränderungen an Material und Konstruktion habe ich vor allem vor dem anstehenden harten und langen Trekkingeinsatz im Fjäll vorgenommen. Ich will max. 12 kg komfortabel und zuverlässig über mehrere Monate transportieren können. Ich glaube, dass dieser Rucksack dies sicher leisten wird.

Noch ein paar Bilder mit Erläuterungen. Zunächst der fertige Rucksack:


Für die herbstlichen Wälder Schwedens habe ich mir für den Rucksack und meinen Hut gut sichtbare Banderolen aus Warnwestenstoff genäht. Nicht dass mich ein schießfreudiger Mitmensch für einen Elch hält und auf mich ballert!


Die angesprochenen zusätzlichen Schlaufen auf dem Deckel (Anmerkung: Haben sich nicht bewährt) und dem Korpus:


Der neu gestaltete Brustgurt:
 

Obere Befestigung für einen der Trekkingstöcke und das reflektierende Band mit Label :-) am Bodenteil:


Zum Abschluss noch einige Bilder aus der Entstehungsphase.

Die Schnittmuster von Rück-und Frontteil.Nähte sind Schwachpunkte. Deshalb gilt: So wenig Nähte, wie möglich!

    
Die auf dem Stoff des Frontteils mit Schneiderkreide angezeichneten Netztaschen und Verstärkungspatches.

 
Die fertig zusammengenähten Teile von Rückteil und Deckel.

 
Auf der Nahtzugabe des Rückteils aufgenähte Schlaufen und Schnurspanner.


Zusammengenähte vordere Ecke des Bodens. Alle wichtigen Nähte sind aus Stabilitätsgründen als Kappnaht ausgeführt. Als Garn wurde Ammann Rasant 75 verwendet.

 
Einzelteile der Flügel (ohne Evazotepolster).
 

Detail: Flügel des Beckentragegurts und Befestigung eines Schultertragegurts am Rückteil angenäht.



 

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  © Hartmut Henkel - erstellt: 10.05.2014